Ein neuer Tag, ein neues Glück. Es gibt nichts schöneres, als morgens seine nassen, kalten Socken anzuziehen um dann in die nassen, kalten Schuhe zu schlüpfen.
Zum Glück wurde mir schnell warm, es ging gleich 4000ft bergauf. Mein Knie zickt immer noch rum – hoffentlich bringt es mich noch nach Kanada bevor es seinen Geist aufgibt.
Beim Aufstieg hab ich Mugshot wiedergetroffen, die hat den Kendall’s Katwalk übersprungen als der nach dem Unfall geschlossen war. Sie erzählte, dass für Samstag wohl ein Schneesturm angesagt ist. Wäre ja nicht so cool, mal schauen was die Wettervorhersage in Stehekin morgen so sagt. Um Zweifel mach ich ein paar Tage Pause – aber wahrscheinlich haben die Amis mal wieder dramatisiert.
Erstaunlicherweise war es heute recht klar, es hat den ganzen Vormittag nicht geregnet- dafür war ein Abschnitt sehr sehr verqualmt, aber irgend etwas ist ja immer.
Oben auf dem Pass hatte ich eine schöne Sicht auf das Tal, dass ich aufgrund des Feuers nicht durchqueren werde.
Heute stand dann der erste Teil der „34 statt 20 Meilen“ Umleitung an: 11 Meilen nach Holden. Dort wartet ja das Zimmer meiner Träume auf mich: Warm. Trocken. Der Weg war sehr schön und führte an einem sehr türkisen See vorbei. Kurz nach dem Pass wäre mir fast noch ein Heli gegen den Kopf geflogen – der war so nah dass ich die Piloten sehen konnte.
In Holden standen dann gleich Crunch und der Pinguin vor der Herberge – der Crunch ist aber noch weitergelaufen. Ein Zimmer war für mich noch frei, Jippi! Bin aber erstmal mit Pingu und seinem Freund Shadow Eis essen gegangen. Danach habe ich im Store meine Snacks aufgestockt – unglaublich wieviel ich esse.
Alle Hiker sind ganz schön gerädert von dem Regen. Wandern ohne zu stoppen, damit man nicht auskühlt ist anstrengend. Ich war also nicht die einzige die Angst vor ner Unterkühlung hatte. Aber meine dünne Regenjacke hat mich bisher erstaunlich trocken gehalten. Und ich bin froh, das Fleece eingepackt zu haben.
Das Zimmer ist wie in einer Jugendherberge- ein Doppelbett und ein Hochbett, ein langer Gang von dem viele dieser Zimmer abgehen und ein geteiltes Bad. Alles sehr alt aber egal – dafür sind im Preis Abendessen, Frühstück und die Wäsche inklusive.
Das Essen gab es wie in einer großen Schulkantine – aber es war gut, es gab Curry. Essen durften wir aber erst, nachdem wir ein Lied gesungen haben 😃 Mein Lieblingsgebet des Tages stammt von Confuzius. Er sagt: To eat is heaven. Da stimme ich zu.
Jetzt liege ich mit nem Eispack auf dem Knie im warmen Zimmer – es ist gleich schon 19h, also Zeit zu schlafen.
Morgen laufe ich nur die 17 Meilen nach Stehekin und bleibe dort eine weitere Nacht im Hotel – hoffentlich reicht dem Knie das…nur noch 107 Meilen!!! Eigentlich ist es auch kein Wunder, dass Wehwehchen und Erschöpfung sich melden, seit Cascade Locks vor 425 Meilen hatte ich keinen Zero mehr, dachte die Nearos reichen mir…
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… die Nerven liegen blank – alle hatten ne schlechte Woche in dem Regen. Grade klopft mitten in der Nacht (20h) ein Mädel mit Tränen in den Augen an der Tür: Sie weiß nicht was sie morgen machen soll. Die Fähre nehmen? Früh loshiken und Frühstück sausen lassen und sich evtl verlaufen? Später los und evtl zu spät zur Post kommen? Das sind alles Entscheidungen die jeder selber treffen muss. Fragt sie mich ob ich die Fähre nicht auch nehmen möchte? NEIN. Um 5 Uhr mit ihr loskaufen? Ganz sicher nicht. Einer hat sich halt heute auf dem Trail verlaufen – sobald der Trail nicht mehr in der App zu sehen ist gibts natürlich Unsicherheit. Ich hab mir extra die Maps.me Karte und die topographische Karte in der DAV App runtergeladen. Aber die Apps funktionieren halt auch nicht immer. Ich bin froh, keinen Stress am Ende des Hikes zu haben. Ich muss nur irgendwie diese 107 Meilen in den nächsten 18 Tagen gelaufen kriegen.