Halbzeit, gestohlene Handynummer, Polizei, Kirche, Wiedergeburt. Heute war ein sehr sehr langer Tag – heute Abend fühle ich mich trotz der wenigen Meilen nicht erholt, sondern eher so, als ob ich eine lange Statistik Klausur bei Breyer geschrieben hätte.
Der Tag fing ganz gut an: Um 5 Uhr klingelte der Wecker, Rehe oder Bären sind nur 3-4x ums Zelt geschlichen. Ich hatte einen sehr schönen Ausblick auf den Sonnenaufgang.
Nach drei Meilen war es soweit, ein historischer Moment: Ich habe den Halfway-Marker erreicht. Halbe Strecke geschafft – in ca. 60% der Zeit, juchuuu!
An der Hauptstraße angekommen, habe ich auch sofort einen Ride bekommen – heute ein Indianer mit seiner Frau. Der hat mir noch viele Indianerweisheiten mit auf den Weg gegeben: Ich muss ein Stück Leder mitnehmen, auf dem ich während des Wanderns kauen man , damit ich nicht den Verstand verliere.
Hätte ich mir nur gleich Leder gekauft…im Restaurant hab ich mir ein großes Frühstück bestellt und mich ins WLAN eingeloggt, dann ATT, den Telefonanbieter angerufen, um herauszufinden warum ich kein Netz mehr bekomme. 4 Stunden, fünf Anrufe (teilweise am Geschäftstelefon des Restaurants) und zahlreichen Erklärungen und Gesprächen mit Spezialisten stellte sich heraus: meine PIN für meinem Online Account ist nicht korrekt, zudem ist meine Nummer unter einem anderen Namen registriert. Hääää? Empfehlung der Hotline: Einen ATT Laden aufsuchen.
Der nächste Laden ist 30 Meilen entfernt in Susanville… aber ich hatte Glück: Stoveless wollte nach Reno fahren, da lag Susanville auf dem Weg. ATT hat das mal richtig
Verbockt. Ich hab eine Nummer bekommen, die vor mir schonmal jemand anderes hatte – an sich nicht so ungewöhnlich in den USA. Nur hat sich der andere meine Nummer irgendwie zurückgeholt, seinen Namen eingetragen, meinem Pin geändert. Nur dass meine Kreditkarte da noch hinterlegt ist.
Ich hab jetzt erstmal eine neue Nummer bekommen – und muss morgen nochmal mit denen klären, ob meine Kreditkarte da noch hinter der alten Nummer hinterlegt ist. Ätzend. Wie das passieren konnte, war allen ATT Mitarbeitern ein Rätsel.
Zurück nach Chester zu kommen war schwierig: bei 34 Grad musste ich bis zur Kreuzung laufen… unterwegs hab ich an der Tanke die Leute angesprochenen, ob sie nach Chester fahren… ein Mexikaner hat mir darauf zwei Dollar gegeben… Nene, ich bettel nicht, bin keine Obdachlose, ein Wanderer – uns Sendera! Casa a ir a Chester? No…ok. An der Kreuzung hat mich recht schnell ein Mädel mit Labrador zur nächsten großen Kreuzung in 12 KM gefahren. Dort hab ich dann versucht weiterzukommen – oh oh da hielt die Polizei an… trampen ist ja nicht erlaubt in Kalifornien. Ich hab dann erstmal mit meiner Handygeschichte abgelenkt – der Polizist hatte sich letztendlich nur gewundert, wie ein PCT Hiker an die Kreuzung kommt. Als er Angeboten hat, mich nach Chester zu fahren, war ich zuerst skeptisch – auf die Wache, wo ich dann eine Anzeige bekomme?? Nee, dann würde ich hinten hinterm Gitter sitzen. Ich durfte aber vorne sitzen. Unterwegs haben wir noch ein Wohnmobil angehalten – ich durfte mit Schlüssel in der Zündung und neben den Waffen im Auto bleiben.
Zurück in Chester die nächste Überraschung: Alle Hotels sind ausgebucht da hier irgendeine Konferenz ist – aber die PCTers dürfen hinter der Kirche Zelten. Hab dann heute alles im Schnelldurchlauf erledigt: Wäsche, Duschen, Essen, Blog, Resupply. Jetzt versuche ich hier im Qualm der Joints zu schlafen, aber es wird noch um 23 h laut diskutiert: Jesus ist unter uns aber als Gestaltenwandler, und ja, es gibt Wiedergeburt aber nur innerhalb der gleichen Blutlinie. Und die Eruptionen auf Hawaii sind der Anfang der Apokalypse.
Lieber Gott, lass die Leute verstummen und mich bitte Schlafen… morgen früh klingelt der Wecker um 5 Uhr, um 7 Uhr will ich zum Trail, vorher nochmal ATT anrufen.. ohjemine….
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Nach weiteren 45 Minuten am Telefon hat ATT endlich meine Kreditkarte befreit 👏🏻
Statistikklausur bei Breyer… Hahaha 😂 deine Vergleiche sind toll 😀
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