Manchmal fühle ich mich hier in Südamerika zehn Jahre jünger. Gestern zum Beispiel war ich so ko, dass ich bis Abends um 6 geschlafen hab und danach nur ne Pizza mit Cola essen wollte – so ist das halt, wenn man nachts ausgeht. Der einzige Unterschied ist, dass ich früher die Nächte im Kappes oder der Fetenscheune verbracht hab, diesmal ging es mal wieder auf nen Berg 😊 Das wurde auch Zeit, denn der Oktober war bisher gipfellos – und gipfellos durch die Nacht ist ja nicht gut. El Misti, so heißt der Vulkan, ragt riesengroß 2.500m über die Stadt Arequipa hinaus, der Gipfel ist 5.822m hoch.
Da ich jetzt ja die letzten Wochen sehr faul und auf Meereshöhe war hatte ich keine Ahnung, ob ich es zum Gipfel schaffe. Am ersten Tag mussten wir von 3.400m auf 4.500m hoch, mit Zelt, Schlafsack und sechs Litern Wasser…insgesamt rund 13kg schätze ich. Zudem soll der Trail sehr sehr aschig sein, durch tiefen Sand zu laufen macht die Sache ja nicht einfacher. War aber alles halb so wild – wir waren eine sehr große Gruppe, 11 Leute + 3 Guides und sind im Schneckentempo den Berg hoch…allerdings hatten hierbei einige schon die Darth Vader Atmung…und das auf unter 5.000m…
Beim Camp angekommen, ging es and Zelte aufbauen; ich sollte mir das Zelt mit einem von den Guides teilen – im Hostel macht mir das ja nix, aber im Zelt ist es ja eher so, als schläft man in einem Bett…naja egal ist eh nur eine kurze Nacht. Als wir dann das Zelt aufgebaut hatten, mussten wir beide aber ziemlich lachen, da es ein winzig kleines Tunnelzelt war, dessen Wände herunter hingen…das bietet schon für eine Person nicht besonders viel Platz…der kleine Guide ist dann aber noch in einem anderen Zelt untergekommen, ansonsten wäre die Nacht sehr kuschelig geworden 😅Nach einem schönen Sonnenuntergang ging es dann schnell ins Zelt zum schlafen, um Mitternacht hieß es ja schon wieder aufstehen.
Ich bin ja echt froh dass ich nie Probleme mit der Höhe hab – auf 4500m im Zelt schlaf ich besser als im richtigen Bett. Die Nacht war trotz des sternenklaren Himmels wenige kalt als erwartet, um 01:00 Uhr nachts haben wir dann mit dem Aufstieg begonnen, über uns die Milchstraße, unter uns die Lichter von Arequipa, Peru’s zweitgrößter Stadt.
Nach und nach wurde unsere Gruppe immer kleiner, die ersten beiden sind nach 200 Höhenmetern umgedreht, vier weitere bei 5.000m, also quasi die Hälfte der Gruppe – zum Glück hatten wir so viele Guides, dass einer immer bei uns bleiben konnte. Gegen 5 Uhr morgens ging die Sonne auf, das war spektakulär da wir von der Vulkanwand einen freien Blick gen Osten hatten. Es war ein total klarer Tag mit ausgezeichneter Sicht, und die Sonne stand so vor dem Vulkan, dass im Tal ein Geistervulkan erschien – der Schatten vom Misti, da müsste man schon zweimal hinschauen um zu sehen dass es nur ein Schatten ist.
Die Höhenmeter gingen eigentlich recht geschwind dahin, plötzlich war man schon oben am ersten Kraterrand (es gibt einen inneren und äußeren Krater). Ach doof Wolke…aber warum riecht das wie bei Herrn Koch in Chemieunterricht? Ah der Señor Misti wollte uns ne gute Show abliefern und hat eine Phosphat-Wolke für uns ausgestoßen- das wäre doch nicht nötig gewesen ☁️
Einen finalen Anstieg zum Gipfelkreuz gab es dann noch, da der äußere Krater höher ist als der innere – und dann war ich auf 5.822m mit einer der besten Aussichten des ganzen Trips: Der Krater war wie verrückt am qualmen, Arequipa lag mir zu Füßen, Chachani (6.057m) und Coropuna (6.425m) haben gegrüßt, insbesondere Corupuna hat sehr lieb gegrüßt, der ist nämlich nicht technisch, nicht gefährlich und kann in 2 Tagen bestiegen werden – da kann ich nächstes Jahr gleich meinen Höhenrekord überbieten 😊
Der verbliebene Guide war wieder ein indirekter Freund, die Bergsteigewelt ist klein: Er ist grade in der gleichen Aspirantenklasse mit Rosmell, mit dem bin ich letztes Jahr auf den Pisco gestiegen. Peter, mein Tocllaraju Guide ist einer seiner Ausbilder zum Bergführer, schon witzig. Nachdem wir einige Zeit bei bestem Wetter auf dem Gipfel verbracht hatten, haben wir dann eine Abkürzung über einen Aschehang genommen und waren in nur 30 Minuten wieder beim Basecamp, nach einer weiteren Stunde bei den Autos – richtig geil. Die Ascheberge sahen etwas wie die Dünen auf Borkum aus, nur halt grau statt weiß, da hätte ich ja fast Heimweh bekommen 😊
War auf jeden Fall geil mal wieder einen Gipfel zu besteigen, mal schauen ob ich in Bolivien auf den Lincanbur rauf kann 🤗